Geschichtliche Nachrichten über die ehemaligen Edelsitze Schwindkirchen, Schiltern, Giebing und Schönbrunn, Dulzheim, Lappach und Burgau im königlichen Landgerichte Haag (von Bernhard Zöpf, königl. Lehrer in Ober-Dorfen)

Geschichtliche Nachrichten

Der Text in obigem Original ist im Gothic Font und teilweise schwer zu lesen (speziell für die jüngere Generation)
Untenstehend ist der Teilbereich aus diesem Originaltext für die Orte Schwindkirchen, Schiltern und Giebing in Klartext (wobei die damalige Orthographie von 1850 beibehalten wurde).

Bayer. Staatsbibliothek.
Geschichtliche Nachrichten über die ehemaligen Edelsitze Schwindkirchen , Schiltern, Giebing und Schönbrunn, Dulzheim , Lappach und Burgau im königlichen Landgerichte Haag.
Von Bernhard Zöpf, königl. Lehrer in Ober-Dorfen.
( Aus dem XXII . Bande des Oberbayerischen Archive besonders abgedruckt ) .
München, 1863. Druck von Dr. S. Wolf & Sohn

Schwindkirchen
In dem fruchtbaren von sanften Höhenzügen begrenzten Goldach- oder Schwindachthale liegt das schöne Pfarrdorf Schwindkirchen. Dieser Ort bildet in verschiedener Beziehung einen herrlichen Schlußstein für den Bezirk Haag.
Die Kirche zu Schwindkirchen ist eines der herrlichsten Gotteshäuser in der Runde umher, im schönen Style gebaut und mit vorzüglichen Fresken verziert.
Schwindkirchen ist sehr alt, und da dieser Ort schon in achten Jahrhundert in freisingischen Documenten vorkömmt, so geht schon aus dem Namen des Ortes (Suindkiricha Kirche an der Schwindach) hervor, dass daselbst bereits damals eine Kirche bestanden habe.
Unter Bischof Otto war diese Kirche Gegenstand eines Streites gewesen zwischen genanntem Bischofe und dem Vogte Einhart, dessen Vater Kundalbert hieß, und bei diesen Gelegenheiten ist bemerkt, daß die Kirche schon zu Zeiten des Bischofs Arbeo (4. Bischofs von Freising) bestanden habe.
Wie aus Urkunden hervorgeht, so kam besonders Bischof Hitto von Freising öfters in diese Gegend; derselbe hielt sich z.B. im Jahre 815 zwei Tage in Schwindkirchen auf, während welcher Zeit er dem Volke sowohl das Wort Gottes verfündete, als auch die heiligen Sacramente ausspendete, und überdies nahm er zugleich die Resignation eines Lehens zu Simbach von Seite des Priesters Haguno zu Gunsten seines Neffen des Diacons Seidbert an.
Um selbe Zeit bestanden auch schon Kirchen in den in der Nähe gelegenen und nach Schwindkirchen eingepfarrten Orten Stollenkirchen (Stallinchirchun) und Meinbach (Maganpah). Leztere muß schon um 780 sehr bedeutend gewesen sein, indem derselben von einem gewiffen Adilo die Kirche Geislbach (Kisalpach ) mit Erlaubniß Herzogs Tasillo II übergeben, und ein deßhalb ausgebrochener Proceß schon früher unter Bischof Erchanbert (849) zu Dorfen gütlich beigelegt wurde. Zu dieser Zeit beurkunden sich auch die an der Schwindach geborenen Bischöfe Andreas und Franko, welche in Italien erhoben wurden und am kaiserlichen Hoflager geachtet waren. In dem geannten freundlichen Schwindau- oder Goldachthale und der Umgegend bis zum Ursprunge des Schwindach- und Isenflüßchens hatten nun im Mittelalter mehrer Adesgeschlechter bedeutende Besetzungen und gründeten Edelsitze. Dieselben haben sodann zur Gründung von Ortschaften und Kirchen, sowie zur Dotierung geistlicher Pfründen sehr Vieles beigetragen. Solche Edelsitze innerhalb des benannten Terrains waren folgende:

1. Schwindkirchen
Im elften und zwölften Jahrhundert saß in Schwindkirchen ein adeliges Geschlecht, das sich nach dem Orte nannte.
So erscheint um 1170 in einer Schankungsurkunde des Klosters Weihenstephan ein Otto de Schwindkirchen, und um 1180 ein Eckehardus de Schwindkirchen. Es ist nicht bekannt, wann dieses  altadelige Geschlecht erlosch, wahrscheinlich schon gegen Ende des 12. Jahrhunderts.

2. Schiltern
Eine halbe Stunde von Schwindkirchen, am nördlichen Abhange des Gatterberges, liegt das Dorf Schiltern, und auch dieser Ort ist sehr alt.
Bekanntlich wurden bei der allgemeinen Völkerwanderung von den Hunen die Slaven herangeschoben, und dieselben haben gern die waldige Gegend zwischen der Vils, Isen und Inn bewohnt und in wirthbaren Zustand gebracht, daher hierauf bald in diesen Gegenden mehrere Ortschaften gegründet wurden, wie z.B. Zeidlarn, Velden, Schiltern u.s.w . Von letzterm Orte erzählt die Legende, daß zwei Ordensgenossen (Renigertus und und Albinus ) die Reliquien des heiligen Castulus aus Rom abholten und auf ihrer Reise nach Schiltern kamen, wo sie auf einer dem Müller daselbst gehörigen Wiese rasteten. Sie ließen das Maulthier ein wenig grasen, allein der Müllerssohn schlug und stach muthwilliger Weise das Thier, worauf er plötzlich vom bösen Feind besessen, schrecklich zu toben und zu wüthen anfing . Als seine Mutter deßhalb den heiligen Castulus um Hilfe anrief, und ihm ihre Mühle verlobte, ward ihr Sohn vom höllischen Feind befreit. Da die Müllerin sah, daß obige 2 Pilger nichts zu essen hatten, ließ sie ihnen durch ihre Tochter einen Laib Brod zutragen , allein aus Geiz wollte diese ein Stück hiervon für sich verzehren, und als sie schon vom Brode abbeißen wollte, wurde der Laib Brod in einen Stein verwandelt, welcher Stein an der Stiftskirche zu St. Martin und St. Castulus in Moosburg vor der Sacristeithüre an der Mauer aufbewahrt und worin die Malzeichen der Zähne, womit die Müllers
tochter darein biß, gesehen wurden.
Im Mittelalter beurkundet sich hier ein adeliges Geschlecht, das sich nach dem Orte nannte. So erscheint in einer Urkunde des Klosters Au ein Udalrich de Schiltar als Zeuge um 1130, sowie 1140 Papo de Schiltar und um 1150 Bernhardus de Siltaren.
Gegen Mitte des 14. Jahrhunderts haben diesen Edelsitz die Edlen Pucher von Puch erworben, indem um 1363 sich ein Heinrich Pucher in einer Urkunde des Stiftes Isen ausdrücklich Heinrich Pucher de Schiltern nennt.
Die Burg zu Schiltern ward im pfälzisch-bayrischen Erbfolgekrieg demoliert, als nämlich Herzog Albert im Mai 1504 mit seinem Heere von Erding her nach Dorfen zog, diesen Markt plündern ließ, Braunau eroberte, und sodann die Huldigung von Braunau bis Vilshofen annahm.
Die Edlen Pucher zogen sich hierauf auf ihre anderen Güter - namentlich auf ihren Stammsitz Buch am Erlbach zurück, und die alte Burg zu Schiltern erhob sich nie mehr aus ihrer Ruine.

3. Giebing
Eine halbe Stunde oberhalb Schiltern liegen in geringer Entfernung von einander die Ortschaften Hof- und Grün-Giebing. 
Letzterer Ort ist nach Taufkirchen und ersterer nach Reichertsheim eingepfarrt; hier saß im Mittelalter ein reich begüteres geschlecht, die Edlen von Giebing.
In Urkunden des Klosters Au erscheint Gotschalk de Giebingen als Zeuge um 1130, sowie Konrad de Giebing. Im Jahre 1140 heirathete Ulrich vn Pang Friduna v. Giebing, welche ihren Besitz zu Alrhaalmingen (Antholling bei Glon) dem Kloster Weihenstephan widmete. Die Brüder Ulrich und Konrad de Giebingen beschenkten die nahe gelegenen Klöster Gars und Au. Mehrere Edle aus diesem Geschlechte hießen Caro und stifteten Jahrträge nach Au und Gars, wo sie auch ihre Sepultur hatten.
In einer Urkunde des Klosters Au kommt vor, daß der Sohn des HEineich v. Giebing mit dem KReuze nach Jerusalem zog. Diese Edlen bewiesen sich als besondere Wohltäther der genannten zwei Klöster. Ulrich der Giebinger erscheint ferners in einer Urkunde des Ministeralien Thunradus Gurro(Herren der Grafschaft von Haag) als Zeuge, sowie Heirich de Giebing.
Im Jahre 1351 siegelt Marquart der Giebinger eine Urkunde des Klosters Rott und 1288 kauft Caro de Giebing von Probst Eberhard von Au ein Gut zu Gorzreichting, und schenkt es für die Seele seines Vaters Kuno dem Kloster Raitenhaslach am St. Pöltentag
Heinrich der Giebinger verkauft im Jahr 1385 an Christ den Schenk des Klosters Root und dessen Gemahlin Kunigund sein Gut, zu Reichenhart genannt, auf der Glett.
Um 1492 war Georg Giebinger Richter in Traunstein, un um 1504 beurkundet sich Hans Giebinger: "Am St. Augustentag (1504) zogen Hanns Giebinger und sambt ihren gerichtsleiten von Rosenheim bis an die Sins, erstachen ir etlich."
Von dieser Zeit an beurkunden sich die Edlen Giebinger nicht mehr und wahrscheinlich gelangte nun gedachter Edelsitz an Herzog Albrecht von Bayern; denn als im bayerischen Erbfolgekrieg das Schloß Schwindegg von den pfälzischen Soldaten verbrannt wurde, gab er dem damaligen Besitzer dieses Schlosses Jakob v. Fraunhofen für diesen Verlust den Sitz und Hofmark Hofgiebing zur Entschädigung. Hierauf kam dieser alte Sitz in verschiedene Hände, und in neuerer Zeit ward das Schloß abgebrochen und der Gutscomplex veräußert. Die Edlen von Giebing führten einen heulenden Wolf im Wappen; ihre Burg stand einige Schritte nördlich des heutigen Hofbauernhause. Sie war mit Wasser umgeben, welches vom jenseitigen Berge herübergeleitet wurde.